5 Nürnberger sind neugierig auf ihre Partnerstadt Krakau

Autor: Patrick Bopp

12. November 2024

Er schreibt über polnische Städte und Reisen in Zeiten der Pandemie.

Krakau, unsere facettenreiche Partnerstadt

Was hat Krakau mit einem Drachen zu tun? Wie ist das Verhältnis zu den Nachbarn, Ukrainern, Belarussen und Litauern? Wo hat Johannes Paul der II. gewohnt, als er noch Karol Wojtyla hieß? Wieviele Hochschulen hat Krakau, und wo ist die „Dame mit dem Hermelin“…?

Unsere Begegnungen mit Krakauerinnen und Krakauern haben uns in den -natürlich viel zu kurzen 4 Tagen – unendlich viel mehr vermittelt, als man in Reiseführern lesen kann. Es waren diese Gespräche und Treffen, die teils von Polen-Reisen organisiert, teils zufällig passiert waren, die die Reise in unsere Partnerstadt so reich gemacht hat.

Da war zum Beispiel Joseph, unser Fahrer, der sich als Experte für polnische Geschichte und Militärgeschichte entpuppte, als er merkte, dass wir neugierig sind. Er erklärte uns auf dem Weg zum Salzbergwerk Wieliczka , wann welche Burg gebaut wurde, wo Frontlinien verliefen, und wo der Nazi-Gauleiter Hans Franck wohnte und dass nun ein Hotel in dem Gebäude ist. Warum er so viel weiß, haben wir ihn gefragt. „Geschichte interessiert mich einfach“, sagte Joseph und lachte.

Krakau ist voll von Geschichte(n): Die Stadt ist kolossal, kreativ und clever – lebhaft, lustig und voller Energie – eine europäische Stadt, eine „junge“ Stadt, die dennoch schon viel erlebt hat und durch Russlands imperialen Anspruch immer noch mit dunklen Wolken am Horizont leben muss.

Davon haben wir bei unserem Besuch nichts gespürt: Die Sonne brannte, wir schwitzten beim Spaziergang durchs jüdische Viertel Kazimierz, zogen uns in wunderbare schattige Hinterhöfe, kleine Vintage-Läden, oder die kühlen Kirchen und Synagogen des Viertels zurück. Tranken zwischen vielen jungen Leuten und – ja, auch etlichen Touristen – Iced Latte und das offensichtliche neue Trendgetränk Campari Sprizz, und freuten uns über Gekauftes. Eine Grafik , Pierogis als Kühlschrankmagneten, Birkenwasser ( kennen wir nicht in Deutschland), ein Blumenhaarreif.

Ein Muss

Dass wir dem ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau einen Besuch abstatten wollten war uns, die wir in der ehemaligen „Stadt der Reichsparteitage“ wohnen, Pflichtprogramm. Eine deutschsprachige Führung schleusste uns sicher durch das überlaufene ehemalige Lager, aber die vielen Besucher sind  -gerade heute- nur zu begrüßen, denn an diesem Ort lässt sich spüren, was unbeschreibbar ist, und immer noch Entsetzen hinterlässt. 

Ein weiteres ‚Muss‘ für uns Nürnberger sollte unser Gemüt wieder aufhellen:           

Tipp unserer wundervollen Stadtführerin Sylvia:  früher kommen! Also stellten wir uns rechtzeitig in die Schlange vor dem Tor der Marienkirche, und ergatterten Plätze auf der ersten Bank vor dem Altar.  Denn gegen 11:50 Uhr werden die Flügel des  legendären Marienaltars von Veit Stoß behutsam und feierlich von einer Nonne aufgezogen. Es fühlte sich ein bisschen an wie Weihnachten…Später zeigte Kunst-  historikerin Sylvia uns noch das Stilgewirr auf dem Wawel, – und schon wieder war es eigentlich zu heiss…

Ein Abend mit Geschichte(n) endet im Wasserfall

Der letzte Abend im „Jarema“ Restaurant führte uns kulinarisch noch nach Ostpolen: Chlodnik (kalte Rote-Beete-Suppe) – wieder etwas Kühlendes gegen die Hitze. Anschließend Pierogi, Cepeliny und – Wodka. Artur beantwortete uns währenddessen alle Fragen über Polen in der Vergangenheit und heute. Die Polen sind auf Widerstand gepolt, meinte er.
Denn Polen war seit den Teilungen im 18.Jh. meistens fremdbesetzt, 123 Jahre gab’s keinen unabhängigen polnischen Staat. Polen-Litauen, einst eine Großmacht mit der Fläche bis fast einer Million Quadratkilometern, ist 1795 aus der Karte Europas verschwunden. Das war ein Trauma, dessen Spuren bis heute in der polnischen Seele, und demzufolge im polnischen politischen Leben zu beobachten sind. Kampf um die Unabhängigkeit dauerte bis 1918. Dann ist der grausame Zweite Weltkrieg ausgebrochen, dem die sowjetische Herrschaft folgte, die bis 1989 gedauert hat., erzählte Artur. Dennoch regte sich immer Widerstand gegen die Besatzer, mal mehr mal weniger erfolgreich. Was bei uns hängen blieb: In Polen gibt es enorm viel zivilgesellschaftliches Engagement. Mehr als wir aus Deutschland vermuten und was wir wahrscheinlich auch unterschätzen. Denn der polnische Staat wurde und wird immer wieder bedroht. Aktuell durch das imperiale Handeln der Russischen Föderation und deren Angriff auf die Ukraine 2022.

Die Bedrohung ist allen Polen sehr bewusst, erklärt Artur. Nicht zuletzt durch den Hitler-Stalin-Pakt von 1939 (oder wie man in Osteuropa sagt: Ribbentrop-Molotow-Pakt), in dem die beiden Diktaturen Polen unter sich aufteilten. Ein Trauma.

Doch so ernst die Themen waren, der Abend endete sehr heiter: Die manchmal etwas schrägen Übersetzungen von google sorgten auf beiden Seiten für Gelächter. Übrigens auch bei der Taxi-Fahrt. Nach der tagelangen Hitze kam ein Riesengewitter. Ein Taxi musste her. Die Heimfahrt überbrückten wir wieder mithilfe des google-Übersetzungsprogramms. Und so übersetzten wir „Wir hatten Spaß“ ins Polnische: „Dobrze się bawiliśmy!“

Und sagen den „Polenreisen“ in Nürnberg Dziękuję!

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