Listen to „06 – Polnische Verführungen aus Stettin mit Przemysław Jackowski“ on Spreaker.

Heute sprechen wir mit Herrn Przemysław Jackowski. Es geht um die Hansestadt Stettin, auf Polnisch Szczecin. Unser Gast wohnt in Deutschland dicht an der polnischen Grenze aber sein Arbeitsplatz und sein Herz sind in Polen geblieben.

Guten Tag Herr Jackowski schön Sie zu hören. Sie verfügen über ein großes Wissen über die Stadt aber Sie sind kein hauptberuflicher Fremdenführe, oder?

Guten Tag, das ist aber sehr nett von Ihnen. Schön, dass Sie mich angerufen haben. Ich versuche Ihnen alles gleich zu erklären. Also ich bin Germanist und habe täglich auch viel Praxis, sowohl in der Arbeit als auch ziemlich vieles im Privatleben.
Und Fremdenführer bin ich nebenberuflich, oder mehr hobbymäßig. Es macht mir wirklich viel Spaß Stettin den Gästen zu zeigen. Ich mag es, wenn die Touristen am Ende einer Führung sagen, dass sie endlich Stettin verstanden haben. Ja, Stettin hat eine sehr komplizierte Geschichte und sie erklärt sich auch nicht von selbst. Diese Geschichte hat mich von meinen jungen Jahren fasziniert und das kam das eben. Stettin ist aber nicht nur Geschichte, sondern auch die Gegenwart. Und die ist mindestens ebenso interessant. Bei der Führung versuche ich und über die Geschichte und über die Gegenwart zu sprechen und ja die Gäste finden es gut.

Stettin ist eine viel interessante Hansestadt, die Hauptstadt der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Sie verfügt über vielen Museen, Kunstgalerien, Geschäfte, und die drei Universitäten. Eine Stadt mit Geschichte, Gegenwart und wunderbare Natur.

Ja, die Geschichte ist in Stettin überall, aber bei einem Rundgang ist es viel besser einen zu haben, der unseren Blick auf entsprechende Objekte oder Details richtet. Wenn wir in Stettin spazieren gehen, können wir Zeugnisse fast aller Epochen der Stadtgeschichte entdecken.
Und das alles wirklich in der schönen Natur. Stettin hat sich sehr stark in der zweiten Hälfte des 19. Jh. entwickelt und damals hat man viele Grünanlagen und Parks angelegt. Dadurch hat man jetzt viel Grün mitten in der Stadt. Es gibt auch einen grünen Korridor von der Ueckermünder Heide, an der deutsch-polnischen Grenze, bis ins Zentrum von Stettin. Dadurch kann man z.B. mit dem Fahrrad von Stadtzentrum, richtig mitten im Grün, zuerst durch den Park, dann durch den Stadtwald in eine richtige Heide fahren. Sogar dann nach Deutschland. Und viele Stettiner machen das. Stettin bietet viele Möglichkeiten für die aktive Freizeitgestaltung.

Es gibt in der Region eine sehr aktive Tourismusorganisation. Sie heiß „Westpommersche Regionale Touristische Organisation“ gibt, sie ist sehr aktiv ist. Was können Sie uns über sie sagen und wann ist sie entstanden?

Sie ist vor etwa 20 Jahren durch das Marschallamt der Woiwodschaft Westpommern als Verein gegründet worden und Mitglieder sind kleinere, lokale Tourismusvereine aus der ganzen Woiwodschaft. Das Ziel der Organisation ist es, die Woiwodschaft als touristische Destination zu vermarkten. Und Westpommern gehört zu den Gebieten mit einer sehr ausgeprägten Tourismusbranche. Das beliebteste Ziel der Besucher ist natürlich die Ostseeküste. Aber wir haben darüber hinaus viel mehr zu bieten. insbesondere für Aktivtouristen z.B. Wassersport auf dem Stettiner Haff oder den Seen der Pommerschen Seeplatte und vielen kleinen Flüssen. Oder Radwandern auf dem gut ausgebauten System von Radwegen. Und das alles in der schönsten Natur. In Westpommern gibt es dazu noch sehr viele Waldgebiete.
Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, dass in Westpommern auch Wein angebaut wird. Die größte zusammenhängende Weinanbaufläche in Polen befindet sich eben etwa 50 Kilometer südlich von Stettin.

Ich kenne auch Ihre Frau als brillante Stadtführerin. Haben Sie beide eine Lieblings tour durch die Stadt?

In Stettin findet jeder etwas für sich. Im Sommer organisiert z.B. Żegluga Szczecińska, die Organisation, die für die touristische Vermarktung der Stadt zuständig ist, jedes Wochenende die sog. grenzüberschreitenden Spaziergänge. Es ist eine geführte Wanderung durch die Stadt mit einem deutschsprachigen und einem polnischsprachigen Guide. Jeder Spaziergang ist einem anderen Thema gewidmet. Dabei war auch das Thema Stettin für Verliebte – eine Wanderung zu den Orten in der Stadt, die mit dem Liebesleben verbunden sind, im weitesten Sinne. Und außerdem? Hmm, die Liebe geht bekanntermaßen durch den Magen. Da würde ich den Heumarkt in der Altstadt empfehlen. Da gibt es viele gute Restaurants und jeder findet da etwas für seinen Geschmack. Und meine Route? Tja, ich mag die Stettiner Bierroute. Echt, wirklich, es gibt so eine Route. Mein Freund, Tomek Wieczorek, der ebenfalls ein Guide ist, hat sie konzipiert und führt Gäste auf ihr. Die Idee ist, die Stadt zu besuchen und dabei gutes, handwerkliches Bier zu genießen. Craft-Beer. Man geht durch die Stadt spazieren und hört den Guide, der über die Stadt und ihre Brautradition erzähl, man besucht dabei die auch Brau-Restaurants, wo das Bier vor Ort gebraut wird. Natürlich gibt es dabei eine kleine Bierprobe.

Und eine grüne Route?

Ich bin immer wieder von dem Kasprowicza-Park fasziniert. Und das zu jeder Jahreszeit. Es ist eine ausgedehnte Parkanlage mit vielen seltenen Bäumen und Sträuchern. Und, vielleicht wundern Sie sich, aber der Besuch auf dem Stettiner Zentralfriedhof ist auch empfehlenswert. Es ist die drittgrößte Nekropole Europas, angelegt von Anfang an als Garten. Garten der Toten. Auf dem Friedhof gibt es zwei markierte Routen, eine historische und eine dendrologische.

Weisen Sie auch auf die außergewöhnliche Architektur in Stettin hin z. B. die Philharmonie?

Die Philharmonie in Stettin ist eine Ikone der Architektur. Sie hat 2015 den Mies-van-der-Rohe-Preis für das schönste Gebäude Europas bekommen. Man kann sie nicht nur von außen, sondern auch von Innen besichtigen. An ausgewählten Freitagen wird die Führung angeboten. Auch auf Deutsch und Englisch.
Spannend ist außerdem das sog. Stettiner Venedig. Am besten gesehen vom Wasser aus. Es werden Kajaktouren auf der Oder angeboten, wobei man die Stadt vom Wasser aus besichtigen kann. Und dabei sieht man vieles viel besser als vom Lande.
Die Stettiner Stadtführer bieten auch thematische Touren in den einzelnen Stadtvierteln oder auf dem Hafengelände an. Das sind Sachen, die nicht mal Einheimische wissen.
Neulich hat man die sog. Villa Lenz saniert und da werden auch Touren angeboten. Es ist eine Vorstadtvilla vom Ende des 19 Jh. eines steinreichen Stettiner Fabrikanten, die mit unheimlich viel Prunk gebaut wurde.
Vergessen darf man auch nicht die Klassiker. Das Schloss der Pommerschen Herzöge, den Jakobi-Dom und andere mittelalterliche Kirchen.
Und wenn wir über das Schloss und Jakobi-Dom sprechen, da muss ich erwähnen, dass es Orte sind, wo man Musik hören kann. Im Schloss funktioniert die Oper und im Jakobi-Dom gibt es regelmäßig Orgelkonzerte.

Was gibt es in der Umgebung zu sehen?

Man sagt, dass Stettin an der Oder liegt, aber tatsächlich liegt es an einer riesigen über 50 km langen Innendelta der Oder. Dieses Gebiet, das sog. Zwischenoderland ist eimaliger Biotop mit seiner spezifischen Pflanzen- und Tierwelt. Dieses Gebiet lässt sich am besten mit einem Kanu erforschen. Man kann wirklich nur staunen, dass es so nah an einer Großstadt, oder sogar mitten in ihr, so viel unberührte Natur gibt.
Und für die Fans der Industriearchitektur sind bestimmt Ruinen der Hydrier-Werke in Police interessant. Hier wurde im 2. Weltkrieg eine riesige Fabrik errichtet, wo synthetisches Benzin erzeugt wurde. Sie wurde durch alliierte Bombenangriffe in Schutt und Asche gelegt. Nach dem Krieg hat das Gelände die Natur zurückerobert. Alles sieht da ganz unrealistisch. Wenn man da unterwegs ist, kann man manchmal seinen Augen nicht trauen.
Und wer es ganz klassisch mag, dann würde ich Stargard empfehlen. Es ist eine kleine Stadt, etwa 50 km von Stettin entfernt, wo sich noch viele Baudenkmäler aus dem Mittelalter erhalten haben.

Würden Sie auch den Besuch des Museums für Technik und Kommunikation empfehlen?

Auf jeden Fall. Die Ausstellungen dort sind echt gut gemacht. Die Beschreibungen der Exponate sind dazu auch auf Deutsch, wie auch in den anderen Stettiner Museen. Das Besondere an diesem Museum ist aber die größte Sammlung der Stoewer Autos weltweit. Stoewer war eine Stettiner Auto-Marke, bevor es noch die heutigen Marken gab. Und es waren sehr gute Autos. Außerdem gibt auch viele wirklich ziemlich ungewöhnliche Fahrzeuge, Prototypen, die nie in die Serie gegangen sind. Alles sehr interessant. Ja, auf jeden Fall ist es meine Empfehlung.

Lieber Her Jackowski. Ich danke Ihnen sehr herzlich für das gute Gespräch und bis bald natürlich in Stettin!

Ja, vielen Dank. Ich bedanke mich für das Gespräch. Tschüss!

Für Kommentare, Anregungen oder Fragen schreiben Sie uns gerne unter info@polenreisen-nuernberg.de. Wenn Sie mehr über Stettin erfahren wollen empfehlen wir Ihnen unsere Städtereise.

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