Das kleinste Museum in Polen

Autor: Maria Jajte

2. September 2022

Sie schreibt enthusiastisch über polnische Kultur und Kunst und andere Themen

Heute berichten wir in Rahmen unserer Blog-Reihe klein aber Oho vom kleinsten Museum in Polen. Es ist ein ganz besonderer Ort in Zentralpolen. Genauer gesagt in Łowicz, wo die Zeit etwas langsamer zu fließen scheint als andernorts und sich Folklore, Nostalgie, Geschichte, Gegenwart, Kunst, Musik und Tradition die Hände reichen!
Hier befindet sich auch das kleinste Museum in Polen (und vielleicht sogar in Europa), nämlich das KNÖPFE MUSEUM / polnisch MUZEUM GUZIKÓW, kurz das MG genannt.
Dieses Jahr wurde es 25 Jahre alt und ich erfuhr von seiner Existenz, als ich vor 5 Jahren vor einem Łowicz -Souvenirladen stehen blieb und meine Aufmerksamkeit auf eine ungewöhnliche grüne Wand mit vielen Knöpfen gelenkt wurde – eine Präsentation, die einer interessanten Ausstellungsdekoration ähnelt. Da traf ich Herrn Jacek Rutkowski, einem Bürger von Łowicz und einem Geschichtsliebhaber. Heute habe ich das Vergnügen, Ihnen Herrn Rutkowski vorzustellen und mich etwas ausführlicher mit ihm zu unterhalten.

Ein Gespräch über das kleinste Museum in Polen

Guten Morgen Herr Jacek, wie schön, Sie zu sehen, bitte stellen Sie sich kurz vor und erzählen Sie uns von der Entstehung ein Knopfmuseum ins Leben zu rufen.
War es reiner Zufall, eine Laune oder ein tiefes Nachdenken dass Sie zu dem Satz bewegt hat: „Uns bleiben nur Knöpfe übrig“?

Willkommen im Knopfmuseum. Ich habe es am 19. Juli 1997 ins Leben gerufen, aber die Idee ist schon viel früher gereift. Am Anfang war es nicht einfach, allein schon der fast wie „Flohzirkus“ klingende Name ließ viele Menschen schmunzeln und das Projekt unseriös wirken. Es vergingen mehrere Jahre, bis ich unter Beweis stellen konnte, dass es sich um ein ernstzunehmendes Unterfangen handelt, welches die Bezeichnung eines Museums voll und ganz verdient. Ich werde oft gefragt, warum Knöpfe? Ihr Beitrag für die Menschheit ist enorm – man kann sogar von strategischer Bedeutung sprechen. In den Schützengräben und auf Schlachtfeldern beeinflussten sie indirekt die Gestalt der heutigen Welt. Ein Knopf als Schmuck, als Wächter der Intimität, als Träger nationaler Symbole, Wappen, ist manchmal der einzige existierende Zeuge der Geschichte; ein Andenken an den Mann, dem er treu diente.

Knöpfe – eine Familiengeschichte

Mir wurde schnell klar, dass die persönlichen Knöpfe besondere Aufmerksamkeit verdienen. Als Satiriker habe ich die Idee des Knopfmuseums mit einer gehörigen Portion Humor aufgepeppt. Dies half nicht nur beim Sammeln von Exponaten, sondern machte auch auf die Existenz unserer ungewöhnlichen Sammlung aufmerksam. Auf Initiative des MGs ist der 12. Dezember der Button Day entstanden, der bereits international gefeiert wird.
Knöpfe sind gewissermaßen unsere Familientradition. Meine Großmutter mütterlicherseits Czesława Srzednicka, nach ihrem Ehemann Majewska (1905-1967) betrieb in Łowicz an der ul. Zduńska einen Kurzwarensalon mit einer großen Auswahl an Utensilien zum Nähen. Als das Geschäft geschlossen wurde, hinterließ es viele Knöpfe und andere Schneiderei-Accessoires. Ich habe in meiner Kindheit mit ihnen gespielt, dann hat meine Tochter Karolina Wanda – derzeit eine der vielen Direktoren des MGs – ebenfalls mit ihnen gespielt.

Ein Museum mit besonders persönlichen Exponaten

Genau wie die berühmten Vatikanischen Museen kaufen wir keine Exponate, sie kommen durch Spenden zu uns. Wir verlangen auch keinen Eintritt für eine Führung durch das Museum. Das beweist, dass wir es aus reinem Vergnügen tun – ohne externe Ressourcen, Subventionen oder Zuschüsse.
Im Grunde haben wir einen Knopf davon! (polnisches Sprichwort für „nichts davon“)

Ein Museum in Bewegung

Wo befand sich das Museum zu Beginn und wo ist es jetzt? Wie viele engagierte Mitarbeiter hat das Museum?

Die Sammlungen des MGs waren lange Zeit in einem Gedenkkoffer aus dem 19. Jahrhundert untergebracht, der meinem Großvater Bolesław Modest Majewski (1902-1980), dem Ehemann von Czesława, gehörte. Es lag normalerweise auf dem Kleiderschrank, als wir in einem alten Mietshaus in der Podrzeczna Straße lebten.
Derzeit nimmt dieses Objekt einen Ehrenplatz in der Ausstellung ein, früher haben wir es öfter genutzt, als das Museum von Ort zu Ort wanderte.

Ich möchte kurz Wisława Szymborska, die Nobelpreisträgerin, erwähnen. Ihre Knöpfe hat sie uns 2001 gespendet und im Begleitschreiben schrieb sie: „Wenn es dieses Museum wirklich gibt – bitte schön, ich schicke Ihnen zwei Knöpfe, die von einem nicht mehr getragenen Kleid entfernt wurden.“ Einige Jahre später schrieb die Dichterin einen Artikel über das Knopfmuseum, das später in ihr Buch Nowe lektury nadobligkowe aufgenommen wurde. Zu der Zeit, als das MG meistens von Schule zu Schule wanderte, bezeichnete sie uns als seriöse Kulturinstitution und als bei Touristen beliebten Aushängeschild. Zu all dem haben wir es jedoch erst viel später gebracht. Ich erzähle das manchmal als Anekdote, als Beweis dafür, dass der Nobelpreis nur besonders begabten Menschen verliehen wird.

Derzeit befindet sich das Knopfmuseum im Mietshaus Nr. 10 auf dem Altmarkt in Łowicz und ist an sieben Tagen in der Woche von morgens bis abends für Besucher geöffnet. Wir sind stolz darauf, dass das MG ein wichtiger Punkt auf der touristischen Landkarte von Łowicz und der Woiwodschaft Łódź ist.

Das Museum schätzt Qualität über Quantität

Wie viele Knöpfe befinden sich in den Sammlungen des MGs? Wem wird die Ehre zuteil, nach einem Knopf gebeten zu werden?

Wir haben derzeit über 4.000 Exponate. Allerdings ist Qualität wichtig, nicht Quantität. In der Abteilung Persönliche Knöpfe werden Knöpfe herausragender, historischer und zeitgenössischer Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft, Politik, Sport und anderen Lebensbereichen gesammelt. Die einzigartige Sammlung ist symbolisch; es enthält, was schwer fassbar und unbezahlbar ist – die Erinnerung an Menschen und Ereignisse, und Knöpfe sind das Medium dafür. Zu jedem Exponat gibt es eine Geschichte.

Jeder Knopf hat eine eigene Geschichte

Ein solches Sammlungsprofil ist eine sehr hohe Messlatte, gleichzeitig aber auch eine große Genugtuung, wenn es gelingt, ein Exponat zu bekommen, dessen Suche teilweise mehrere Jahre gedauert hat. Wir entscheiden, welcher Knopf sich für die Sammlung lohnt. Leute, die unsere Anfrage nach einem Knopf abgelehnt haben, können an einer Hand abgezählt werden. Manchmal ruft jemand an oder schreibt, dass er eine Schachtel mit Knöpfen hat und sie nicht wegschmeißen will. Wir arbeiten auch mit Knöpfen, die namenlosen Ursprungs sind und sich zum Beispiel für den Unterricht mit den Jüngsten oder beim Knopfnähkurs oder bei verschiedenen Kulturprojekten des MG eignen.

Auf welche Knöpfe sind Sie besonders stolz?

Wir sind auf die gesamte Kollektion stolz. Wir betrachten es als Ehre, dass uns dieser oder jener Mensch einen Knopf zusammen mit seiner Lebensgeschichte schenkt.

Unsere Sammlung umfasst Knöpfe von drei Päpsten, Präsidenten der Republik Polen, polnischen Nobelpreisträgern und den Knopf des 14. Dalai Lama. Neben den Ansteckern herausragender Künstler, Schriftsteller, Musiker, Wissenschaftler, Sportler und Politiker haben wir Andenken an Personen, deren Namen weniger bekannt sind. Ich rede gerne über sie, die meisten ihrer Biografien sind fast fertige Drehbücher für sensationelle Filme.

Die Sammlung umfasst Knöpfe von sehr bedeutenden Persönlichkeiten

Manchmal beschließt eine berühmte Persönlichkeit ihren Knopf im MG zu besuchen. Unsere Gäste wissen oft nicht, wen sie bei uns treffen können.
Oft endet der Kontakt zum Spender nicht mit der Übergabe des Exponats. Wir schätzen diese Bekanntschaften sehr, die sich auch bei späteren Knöpfen für die Sammlung auszahlen. Jedes neue interessante Exponat zieht wie ein Magnet neue wertvolle Exemplare an. Die Ausstellung ausländischer Knöpfe ist zwar noch limitiert, aber stark. Ich nenne zum Beispiel den Knopf des Trompetenvirtuosen Miles Davis oder der Schauspielerin Geraldine Chaplin, der Tochter von Charlie Chaplin.

Von wessen Knopf träumen Sie?

Die Liste ist lang, also möchte ich Sie nicht langweilen. Wir träumen von all den Knöpfen, die uns schon versprochen wurden, um sie endlich ausstellen zu können. Im Ernst, wir versuchen, Souvenirs zu erwerben, die sich auf Menschen beziehen, die unsere Realität geprägt haben.
Wie auch immer, was wir tun, ist ein bisschen wie die Arbeit eines Archäologen – man weiß nie, was wir finden und das ist das Schönste.

Wir empfehlen einen Museumsbesuch mit Führung

Wäre es möglich mit Ihnen einen Termin für eine Kuratorenführung zu vereinbaren?

Ein berühmter Schriftsteller schrieb nach einem individuellen Besuch im MG, scherzend natürlich, dass ein Besuch ohne meine Teilnahme sinnlos sei. Da ist etwas dran. Deshalb versuchen wir, den Besuchern so viel wie es unsere Freizeit erlaubt, zur Seite zu stehen und über die Geschichte von Knöpfen und ausgewählten Exponaten zu erzählen.
Besuchen Sie unser Museum auch an einem Montag, wenn andere Museen in Polen geschlossen sind. Und denken Sie bitte an diese versprochenen Knöpfe aus Krakau! 🙂

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Erfolg und Jubiläum. Ich wünsche Ihnen viele Besucher und einen festen Platz sowohl in den Herzen der Besucher als auch im Guinness-Buch der Rekorde. Die Einwohner von Łowicz und die Behörden kennen Sie sicher gut und sind sehr stolz auf Ihre Leistungen.

Vielen Dank für das Interview und bis bald in Łowicz.

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Maria
1 jahr vor

Sehr geehrte Besucher *innen des Krakauer Hauses,
wir bedanken und herzlich für den historischen Knopf, den wir am 5.September an der Tür in einer Tüte an der Klinke des Büros gefunden haben! Es freut uns sehr, dass unser Reiseblog oder Facebook gelesen worden ist.
Das kleinste Museum in Polen MG und auch wir werden uns sehr freuen, wenn Sie auch die Geschichte, die mit dem Knopf verbunden ist uns verraten.
Szanowni Goście Domu Krakowskiego,
bardzo dziękujemy za historyczny guzik, który w poniedziałek 5. września znaleźliśmy na drzwiach w reklamówce na klamce naszego biura!
Cieszymy się, że przeczytaliście nasz blog podróżniczy lub nasz tekst na Facebook-u.
Najmniejsze muzeum w Polsce MG i my również będziemy bardzo szczęśliwi, jeśli opowiecie nam Państwo również historię związaną z guzikiem.

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