Krakau für Musikliebhaber – das Unsound Festival

Krakau für Musikliebhaber. Das Unsound Festival in Krakau ist ein einzigartiges Event. Es bietet eine große Vielfalt an musikalischen Veranstaltungen, sodass alle Musikliebhaber:innen mit Sicherheit auf ihre Kosten kommen. Ein besonderes Kulturabenteuer, das jedes Jahr im Herbst in Krakau zu erleben ist. Neben der Veranstaltungsvielfalt, die das Festival anbietet, ist auch der Austragungsort, die Kulturstadt Krakau, eine Attraktion für sich. Die jungen Musikenthusiasten Magdalena Zagorski und Maxim Schmidthals aus Berlin waren vor Ort und haben sich das Festival für uns angesehen. Täglich berichteten sie über Facebook für uns und nun gibt es das Unsound Tagebuch hier für Sie zusammengefasst. Viel Spaß beim lesen des Festival-Tagebuchs.

Das Unsound in Krakau – Festival-Tagebuch

Magda und Maxim berichten von einem besonderen Kulturabenteuer, das jedes Jahr im Herbst in Krakau zu erleben ist

Nachdem Magda im Jahr 2016 beim Unsound Dislocation schon einen Hauch dieses besonderen Musik-Ereignisses in Krakau erhaschen konnte, ging ihr das Festival nicht mehr aus dem Kopf. Die ohnehin zauberhafte Stadt Krakau, lässt sich im Herbst, wenn das Unsound stattfindet auf ganz besondere Weise entdecken und erleben! An verschiedenen, architektonisch und kulturell interessanten Orten findet ein ausgesprochen diverses Programm statt: Konzerte, Performances, Talks & Diskussionen, so wie zahlreiche Parties – zeitgenössisch kuratiert, mit internationalen Künstler*innen und einem ebenso internationalem Publikum, können eine Woche lang erlebt werden! 2022, zum 20. Jubiläum des Festivals, fahren Magda und Maxim für eine ganze Woche nach Krakau, um das Programm des Unsound Bubbles dieses Mal voll auszukosten und exklusiv für Polenreisen Nürnberg darüber zu berichten. Lesen Sie hier das Festival- Tagebuch der beiden, das diese ereignisreichen Tage beschreibt. Vielleicht weckt es auch bei Ihnen die Lust auf ein solches Kulturabenteuer, dann helfen wir gerne bei der Organisation …

Tag 1 | Mit dem Zug von Berlin nach Krakau

Gestern sind wir, mit der vor zwei Jahren wieder aufgenommenen Bahnverbindung, von Berlin nach Krakau gereist, um dort das Unsound (09.10-16.10) zu besuchen und darüber zu berichten. Das Festival, das sich den experimentellen und genre-übergreifenden Spähren der elektronischen Musik verschrieben hat, feiert dieses Jahr die 20. Ausgabe. Künstler*innen aus aller Welt treten in verschiedenen Locations der Stadt auf, hinzu kommen ein diskursives Rahmenprogramm und diverse After-Parties. Wir kamen gerade noch rechtzeitig, um gestern das letzte Konzert des 2. Festival-Tages zu erleben. EXPAT (Mikky Blanco und Samuel Acevedo) aus den USA spielten eine politisch, energetische, das Publikum miteinbeziehende Musik-Performance im Teatr Łaźnia Nowa im Bezirk Nowa Huta. Wir sind sehr gespannt wie es heute weiter geht.

Tag 2 | Internationale Interpreten auf dem Unsound Festival

… für das gestrige Konzertprogramm ging es erneut durch Nowa Huta in das
Teatr Łaźnia Nowa, welches sich in einer Siedlung aus den 1950er Jahren befindet. Eröffnet wurde der Konzertabend daraufhin mit der Adaption eines Stückes des ukrainischen Künstlers Heinali. Die ursprüngliche Version des Stückes spielte er zu Beginn des Krieges in einem Bunker in Lwiw. Sehr ergreifend kombinierte er die einzeln eher simplen Klänge seines Synthesizers und nahm das Publikum so auf eine sphärische Reise mit sich. Anschließend spielte die Kollaboration Ghosted. Das Trio setzt sich aus
dem australischen Gitarristen Oren Ambarchi, dem schwedischen Bassisten Johan Berthling und dem schwedischen Schlagzeuger Andreas Werliin zusammen. Rhythmisch, jazzig und mit inneinader fließenden Flächen schließen sie atmosphärisch wunderbar an Heinali an. Mit zunehmender Dauer verdichtet sich der Klangteppich jedoch und mündet in einem ekstatischen Zusammenspiel von Schlagzeug, Bass und modifizierter E-Gitarre. Zum Abschluss des Abends spielt Coby Sey. Der britische Musiker vereint Trip-Hop Elemente mit einer synthetischen Kickdrum und Noise, immer wieder ertönen Sprechgesänge…
Nun sitzen wir schon in der Philharmonie, wo das heutige Abendprogramm beginnt, dazu berichten wir dann morgen.

Tag 3 | Experimentelle Klänge in der Krakauer Philharmonie

… am Mittwoch-Abend fanden sich alle in der Filharmonia Krakowska ein. Im neobarocken Konzertsaal spielten zunächst, der in Polen geborene, audiovisuelle Künstler Wojciech Rusin zusammen mit Spółdzielnia Muzyczna contemporary ensemble und der Sopranistin Jolanta Kowalska-Pawlikowska. Rusin zieht seine Inspiration aus alchemistischen und gnostischen Texten, die er immer wieder auch performativ vorträgt. Der Gesang der Sopranistin, Rusins 3D-gedruckte, an Flöten erinnernde Instrumente und die schlagartigen Momente des Percussionisten traten dabei besonders hervor. Überarbeitete, altertümliche Motive begleiteten das Konzert visuell und ließen es wie eine spekulative Reise in das Mittelalter wirken.
Ein bisheriges Highlight war die darauffolgenden Kollaboration des Parisers Aho Ssan und der warschauer Cellistin Resina. Eine Symphonie komplexer digitaler Prozesse führte zu einer derart akustischen Verdichtung der Sounds, dass es sich stellenweise anfühlte als würde der Konzertsaal wie ein Raumschiff abheben. Das Zusammenspiel zwischen Aho Ssaans Electronic und Resinas Cello war wahrlich virtuos. Irgendwann passiert jedoch auch, worauf man insgeheim schon gehofft hat. Resina lässt ihr Cello kurz bei Seite, um die neobarocke Orgel ertönen zu lassen, die sehr prägnant den Mittelpunkt des „Bühnenbilds“ dieses Abends darstellte – ein spacig-sakraler Moment zum Ende hin.
Für die Opening Party im Anschluss, ging es in den Klub 89 der sich im Keller des legendären brutalistischen Baus des Hotel FORUM Przestrzenie befindet. Ein faszinierendes, Teppich-bedecktes 80er Jahre Innendecor, ein Traum aus 1001 Italo Nacht, doch diese Assoziation wird gebrochen, statt Italo Disco gibt es electro, perkussive, schnelle Rhythmen und
Breakbeat, ganz viel Breakbeat. Spannende Kontraste – für die es sich lohnt das Unsound zu besuchen.

Tag 4 | Ukrainische Musiker:innen in Krakau

… am Donnerstag Abend ging es ins Kino Kijów. In einem großen Kino Saal wurden audiovisuelle Arbeiten gezeigt. Visuals von Francesco Marrello begleiteten den Multi- Instrumentalisten und Komponisten Piotr Kurek, der zusammen mit Musikern aus der
Warschauer Jazz und Improvisation Szene auftrat. Eine durch Harfe und Windinstrumente sehr delikate Abholung nach der letzten Nacht im Klub 89 .
Im Anschluss spielte Kali Malone mit Stephen O’Malley und Lucy Railton, begleitet vom Video-Künstler Nika Milano, dessen Farbverläufe, die Sinuswellen basierte Musik intensivierten. Die minimalistischen Sounds des Cellos und der E-Gitarre verfeinerten diese musikalische Massage, die eine fast heilende Wirkung auf den Körper entfaltete. Auf zwei Floors begann dann in der Nacht die 3-tägige Bespielung eines Warehouse Areals an der Kamienna 12. So spielte zum Beispiel die aus der Ukraine stammende Künstlerin Poly Chain ein versiertes Electro Live Set auf einem fantastisch eingestellten L- Acoustics Soundsystem, was trotz leichter, durch das intensive Programm allmählich auch auftretenden Ermüdung, zu weiterem Tanz bewegte.

Tag 5 | Unsound mit umfangreichem Rahmenprogramm

… der Freitag begann für uns mit einem Besuch des sehr umfangreich gestalteten Rahmenprogramms des Unsounds. Die Präsentation „Electronic India“ von Paul Purgas führte uns, durch eindrucksvolle Bilder begleitet, in die Geschichte des ersten Musik- Studios für elektronische Musik in Indien ein. 1969 wurde das „National Institute of Design“ in Ahmedabad gegründet. „Das Studio arbeitete mit utopischen Avantgarde- Prinzipien, die ein neu unabhängiges Indien definierten(.)“ (Unsound.pl). Paul Purgas erläuert die sich überschneidende Erzählungen der internationalen Moderne und der Geopolitik des Kalten Krieges, die die Rahmenbedigungen dieses Studios prägten. Weitere spannende Talks und Präsentationen wurden zu Themen wie „Westsplaining“ oder „Genre Bubbles“ geführt. Parallel gab es nach den langen Nächten immer auch die Möglichkeit den Tag ganz entspannt beginnen zu lassen – bei gebotenen „Morining Glory“ Konzerten oder Ambient Brunches. Zunehmend zum Wochenende hin war so viel Programm geboten, dass es notwenig wurde sich für die eine oder andere Veranstaltung zu entscheiden.

Für den Freitag Nachmittag ging es in den Klub Spotkań Poczta Główna, ein Nebengebäude, des Hauptpostamtes, das als charmant-intimer Musik Club genutzt wird. Ksawery Wójciński spielte auf seinem Kontrabass eine vibrierende Solo-Show, die einen aus der Tiefe heraus ins musikalische Geschehen zurück holte. Daraufhin übernahm das Duo Naaljos Ljom mit Synthesizer, modifizierte E-Gitarre, Mundharmonika und Langeleik (einem zitherartigem Instrument) werden traditionelle norwegische Musikstücke, quasi die „Hits“ aus dem 18. und 19. Jahrhundert, neuinterpretiert. Durch diese verspielt-spaßige Musik kam energetisch die Lust auf den weiteren Abend auf!

Für das Abendprogramm ging es zunächst wieder nach Nowa Huta ins Teatr Łaźnia Nowa. Vor Ort kam richtiges Festival-Feeling auf, da zum Wochenende hin nochmals weiteres Publikum angereist war und die Stimmung zunehmend feierlich wurde. Wir kamen gerade noch rechtzeitig, um ein wenig von Marina Herlop mitzubekommen, deren musikalische Performance für viele eine Highlight darstellte. „Die katalanische Künstlerin machte auf ihrem dritten Album – dem von PAN veröffentlichten „Pripyat“ – einen stilistischen Sprung, indem sie das Klavier und den Gesang ihrer ersten beiden Alben mit
computergestützter Elektronik und beunruhigenden dreidimensionalen Effekten unterwanderte. Sie war von den enormen Möglichkeiten ihrer Stimme beeinflusst, und sie konnte sich von der westlichen Ausbildung lösen und sich an der südindischen karnatischen Musik orientieren – einer Form von hingebungsvoller klassischer Musik, die oft an hinduistische Gottheiten gerichtet ist – als Orientierung. Das Ergebnis ist ein Sound, der den oft starren Rahmen der Popmusik durchbricht, klassische Traditionen bricht und auf Schritt und Tritt überrascht.“ (Unsound.pl) Der Konzertabend endet mit dem Auftritt von London’s Shy.girl, Vertreterin eines neuen, queer-feministischen Pops, selbstbestimmt und mit musikalischem Mut vielfältige Einflüsse zu vereinen, vermischen sich Hip-Hop, experimentellere Club-Musik und R&B. Die Halle des Teatr Laznia Nowa bebt an diesem Abend …

Für die Nacht geht es wieder in die Hallen der Kamienna12 auf zwei Floors geht die dreitägige Warehouse Party weiter. So liefern @Slikback x Weirdcore zu Beginn eine massive audio-visuelle Show, die das Konzertprogramm mit der Partynacht verbindet. Bei Eris Drew – live & direct with visuals by Jeisson Drenth wurde es auf angenehmeweise zunehmend clubby und dancy, bevor bei DjTobzy aus Nigeria, Slim Soledad (born in São Paulo, Brazil and currently based in Berlin) und Diana Azzuz (Ukranian-Syrian) b2b Rina Priduvalova (from Kyiv) spätestens jedes Körperteil in Bewegung war.
Ein wunderschön ruhiger und leicht vernebelter Morgen wartet draußen, als die letzten Tänzer*innen, inklusive mir, das Areal verlassen. Müde aber erfüllt von all den verschiedenen Eindrücken laufe ich glücklich zur Unterkunft.

Tag 6 | Letzter Tag am Unsound Festival mit grandioser Akustik im ICE Kraków Congress Centre

… der Samstag auf dem Unsound begann abermals mit einem Ambient Brunch im jüdischen Viertel Kazimierz. Tagsüber fand außerdem eine Independent Record Label Fair im Betel Klub, eine Listening Session mit Performance im HEVRE und im Rahmen einer Installation, ein Fizzy Aperitivo in der bałtyk.bar mit verlockendem Buffet statt.
Durch das Nachtprogramm bedingt, schafften wir es leider erst zu 18 Uhr in das ICE Kraków Congress Centre, ein Gebäude, dessen Räume durch ausgezeichnete Akustik bestechen. Auf dem Weg dorthin war ich an das Konzert von Moritz von Oswald erinnert, der 2016 beim Unsound Dislocation zusammen mit Ordo Sakhna, einer Gruppe Musikern aus Kirgistan dort auftrat – eins der rundum besten Konzerte, die ich bisher erleben durfte.

An diesem Abend standen drei Premieren auf dem Programm. Der italienische Künstler Heith, dessen kommendes Album auf dem Label PAN erscheint, präsentierte zusammen mit dem Percussionisten Jacobo Battaglia, dem Multiinstrumentalisten Leonardo Rubolli und dem Designstudio Declino eine durch rituelle Klangelemente intensiv in den Bann ziehende audio-visuelle Arbeit.

Es folgte „Triptych“, eine spektakuläre Laser-/Soundshow von Robin Fox. Drei RGB- Laserprojektoren arbeiten dabei synchron, um eine vollfarbige Geometrie im Raum zu realisieren.
Die Arbeit ist durch Stanisław Ostoja-Kotkowski inspiriert. Ein nach Australien emigrierter, polnischen Künstler, der ein Pionier war, wenn es um die Lasernutzung innerhalb audio- visueller Arbeiten geht.

Den Abschluss des Abends spielten Osmium, ein Projekt der Oscar-prämierten Komponistin Hildur Gudnadóttir, dem Produzenten und Komposnisten Sam Slater, James Ginzburg von Emptyset und dem Vokalisten Rully Shabara des indonesischen Duos Senyawa. Mit eigens gebauten Instrumenten bewegt sich die Kollaboration „zwischen dem Organischem und dem Mechanischen“ (unsound.pl) und erschafft auf diese Weise fast trance-artige Momente, die uns in die weitere Nacht entlassen.
Mit über das Unsound (und damit die Liebe zur Musik!) neu-kennengelernten Freunden essen wir zu Abend, bevor es ein letztes Mal in die Hallen der Kamienna12 geht, wo wir abermals die Nacht durchtanzen.
Nach den Hip-Hop / Rap Acts TONFA und alyona alyona spielen in dieser Nacht außerdem auch u.a. Kode 9, Ehua, Lila Tirando a Violeta, Bored Lord b2b Ariel Zetina und Nkisi.
Am Sonntag Morgen stand unsere Rückreise an und so verabschieden wir uns mit diesem Beitrag und danken ganz herzlich – dem Unsound mit all den wunderbaren Künstler*innen, dem bunten Publikum, der Stadt Krakau, dem schönen Herbst und nicht zu letzt Maria Jajte und Polenreisen – Informationszentrum der Stadt Krakau. Wir hoffen mit unseren Beiträgen ein wenig Interesse für dieses unglaublich diverse Festival geweckt zu haben. Bis zum nächsten Mal!

Falls Sie auch Musikliebhaber sind und Lust auf Polen bekommen haben empfehlen wir Ihnen unsere ganz besonderen Musik– oder Chorreisen nach Polen.

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